
22 Jun Rede anlässlich der Diplomfeier der Jagdschule Reinecke-Fuchs von Daniel Meier
Rede zur Diplomfeier der Jagdschule Rheinecke-Fuchs, am 22. Juni 2025, Schloss Wildegg
Liebe Freundinnen und Freunde,
Bald werden wir zur Jägerin und zum Jäger brevetiert.
Ich sage bald, weil einige von uns diesen Moment schon am nächsten Mittwoch, 25. Juni, auf der Habsburg erleben werden – andere im nächsten Jahr.
Ja, mit dem Jagen ist es wie mit dem Zyklus… Beim Reh-Zyklus natürlich.
Was habt ihr denn jetzt gedacht… ?
Setzzeit
Der Moment, in dem sich die Idee setzt, Jägerin zu werden – das ist beim Reh etwa im Mai oder Juni.
Ich weiss nicht, wie es bei euch war. Bei mir war es ein längerer Prozess.
Irgendwann war klar: Ich habe Bock. Ich will Jägerin werden.
Und dann wird man ganz zahm – da muss die Aspirantin bei Partner und Familie antreten und ganz lieb anfragen, ob sie mitmachen…
Säugezeit
Es folgt eine Art sechsmonatige Säugezeit. Da wussten wir noch nicht, dass man an der Spinne säugt…
Es ist eine Zeit, in der man genährt wird. Wo man gestärkt wird in dem Wunsch, Jägerin oder Jäger zu werden. Eine Zeit voller positiven Momente. Die Gesellschaft nimmt dich als Stiftin auf. Du machst erste Schritte mit dem Jagdgötti. Reviereinsätze..
Eine ruhige Phase – ohne Angst vor Feinden. Denn man hat ja noch keinen Eigengeruch. Wie das Kitz. Wir sind formbar, offen für alles.
Doch dann kommt sie:
Die Zeit der Herbstjagd
Die Herbstjagd als Stift – das ist etwas ganz Besonderes. Ich nehme an, ihr habt da auch so einiges verbockt. In dieser Zeit verstecken sich überall kleine Hinterhalte.
Der erste lauert schon beim Apero – wenn man mit der falschen Hand anstosst
Oder wenn man überlegt: Sag ich jetzt Weidfrausheil? Oder Weidfrausdank? Oder doch Weidmannsheil?
Und dann gibt’s da die Momente, wo ihr schon einen Bock schiesst bevor ihr schiessen dürft. Wenn wir zum Beispiel zu wenig bitten, die Pächter begleiten zu dürfen.. oder einmal zu viel uns vordrängen. Das ist dann wie wenn du auf Nachsuche zu nahe an den Vorstehhund gehst wenn er grad seine Beute am lecken ist. Wie der dich dann bissig anschaut!
Oder beim Haupt schärfen… Man sucht und stochert, bis man den Atlas findet… und alle schauen zu. Spätestens da merkt man:
Jäger*in Werden hat Tücken.
Aber hey – wir haben alle unser Gehörn abgestossen. So wie es sich gehört, gegen Ende Jahr.
Und das sind auch diese Momente , in denen wir «Demut» lernen. Wir mögen darüber lachen, aber wir haben das ernst genommen. Demut ist das, was wirklich zählt.
Aber wir sind ja keine Spiesser. Wir bleiben dabei. Nicht zuletzt auch dank den Wintersprüngen.
Wintersprünge
Das ist für mich die Jagdschule Reinecke Fuchs in Mellingen .
In den Wintersprüngen helfen sich Rehe gegenseitig. Die Jagdschule ist nicht einfach eine Ausbildung. Das ist Fühlen, Denken, Wachsen.
Das ist Dani als Lehrer – einer der mitgeht und mitfühlt, auf Augenhöhe unterrichtet. Ja, wie die Rehe brauchen auch die Jäger kein Leittier, das autoritär vorangeht, wir brauchten Dani. Der vor allem begleitet. Und dann nach der Schule noch ein LECKER Bier mit uns schöpft.
Ja, es war aber trotzdem kein Kuschelclub auch bei den Wintersprüngen ist uns manchmal der Schweiss von der Stirn getropft. Denn wenn Dani mal unzufrieden ist, weil wir dreinreden oder einmal zu viel lachen – dann tropft der Schweiss wirklich wie Blut von der Stirn. Wir sind eine tolle Klasse. Da ist kein Bock, der blendet und ein paar Enden mehr vorgibt. Wir sind Freunde und Freundinnen geworden und bleiben es hoffentlich auch.
Für mich kam dann Anfang des Jahres die Zeit des Bastfegens.
Es hat gefegt – ja, richtig gefegt.
Wir haben unsere Messer geschliffen. Unsere Waffen geputzt und unserem Können den letzten Schliff gegeben.
Wir haben uns bereitgemacht – für die praktische Prüfung.
So waren wir Samstag für Samstag auf dem Schiessstand in Suhr und wir wussten, jetzt wird’s ernst. Wir haben viel gelernt – praktisch und theoretisch und bald muss ich nur noch abliefern.
Die Brunftzeit / Die Blattzeit
Die Prüfungszeit – das ist die Zeit des ersten Schusses.
Man hat genau einen – ein Fehlschuss von 6 geht noch durch. Das ist die Praktische Prüfung am 12. April.
Bei der Theorieprüfung vom 17.-19. Juni da kann der Schuss auch mal zu früh oder zu spät kommen. Oder er geht nach hinten los. Aber auch da – wir haben abgeliefert. Die Brunft ist die Krönung für die harte Arbeit.
Viele von euch haben inzwischen sogar schon den ersten Sommerbock geschossen.
Und plötzlich – Mit der Büchse auf Ansitz – bekommt das Wort Brunftkugel eine ganz andere Bedeutung .
Aber genauso ernst wie wir die Schule genommen haben – nehmen wir jetzt auch das Feiern.
Feiern
Ja – lasst uns das Feiern ernst nehmen.
Aber bitte – nicht zu ernst. Wenn ich jetzt sage, dass ich in meiner Tracht (Weidmännisch Gebärmutter) vor euch stehe, könnt ihr euch vielleicht noch das Lachen verkneifen.
Aber wenn ich dann sage, dass ich zum Schluss noch eine «Losung» mitgebe – dann ist es wahrscheinlich vollends um uns geschehen.
Meine Losung für euch:
Wir sind gehalten in unserer Erinnerung und den guten Erfahrungen, die wir mitnehmen. Und wir gehen mit der Kraft weiter. Denn der Zyklus fängt wieder an. Er hört nicht auf.
Ich wünsche euch:
• Demut.
• Kraft.
• Gelassenheit.
• Und ein fröhliches, wildes Feiern in eurem zukünftigen Jägerleben.